für rpg-freunde eine eigene kurze geschichte angesiedelt in der daoc-welt:
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ginama darase


"du träumst!"

verlegen unterbrach jendara ihr lied und setzte die flöte kurz von ihren lippen
ab, um einen schnellen blick über ihre schulter auf die quelle der störung
werfen zu können. doch im treppenaufgang zum turm war niemand zu sehen.

trotzig drehte sie sich wieder dem ausblick vor sich zu.

"es muss wahrlich ein traum sein, eine stimme ohne körper zu hören!",
bemerkte sie spitzfindig und begann wieder auf der flöte zu spielen.

"diese stimme hat einen körper!", entgegnete cryth, stellte sich als beweis
hinter jendara, nahm sie vorsichtig in seine arme und legte seinen kopf auf ihre
schulter, um gebannt den tanz der schlanken finger auf der flöte beobachten
zu können.

"ich habe dich gesucht. wir müssen bald aufbrechen, damit wir den schutz von
dun crauchon noch bei tageslicht erreichen."

"liegt dort eigentlich das meer ?", unterbrach jendara cryth's versuch, sie von
ihrem lieblingsplatz zu entführen und deutete auf einen bläulichen punkt am
horizont.

"meine erinnerungen ans meer sind nur noch schwach. als kind verbrachte ich
dort meine schönsten stunden, aber dann begann der krieg gegen die
eindringlinge und nahm mir diesen ort, die erinnerungen und auch die
freude."

betrübt und in gedanken wischte sie sich eine schwarze haarsträhne aus dem gesicht.

"Versprichst du mir was ? versprichst du mir, dass wir zusammen eines tages
am meer stehen werden ?"

"ja, ich verspreche es dir.", flüstert cryth ihr ins ohr und küsst sie sanft
auf den nacken.

"gut, dann lass uns aufbrechen.", sprach jendara wieder mit ernster stimme,
drehte sich elegant aus der umarmung und zog cryth hinter sich her die treppe
in den burghof hinunter.


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"eigentlich müsste cryth schon längst zurück sein, aber andersrum weiss man
bei waldläufern nie genau, ob sie nicht schon unbemerkt neben einem stehen",
versuchte jendara sich mut zu machen. ihr blick schweifte dabei über den
provisorischen lagerplatz zwischen einigen felsen und bäumen, blieb kurz an
einem firbolg hängen, der seinen wolf liebkoste und endete an den zwei
champs, die als wache ein paar hundert schritte weiter standen.

alles in allem schätze sie die anzahl auf 20 hibernianer, die als kleine
verstärkungstruppe im grenzland unterwegs waren. sicherlich riskant, aber
dun crauchon sollte berichten zu folge bereits belagert werden und jeder
wurde jetzt zum verteidigen gebraucht. die ausgesandten waldläufer würden
sicher bald genaueres zu berichten wissen.

eine unruhe begann sich plötzlich im lager auszubreiten und jendara versuchte
eine quelle dafür auszumachen, was ihr aber nicht gelang, bis jemand "feuer
aus" schrie und vom anderen ende des lagers mit schild und schwert
bewaffnet an ihr vorbei in richtung wachen rannte.

angesteckt davon ergriff sie selber ihr holzschild und das schwert, nahm
eine verteidigungshaltung ein und spähte in die zunehmende dunkelheit
hinein. nichts war zu erkennen. weitere bewaffnete hibernianer eilten an
ihr vorbei und sie beschloss der menge zu folgen, hatte allerdings den
anschluss nach wenigen schritten bereits wieder verloren. verärgert wollte
sie gerade ihrer laute ein paar töne für ein schnelleres fortkommen entlocken,
als vor ihr ein kelte und ein highländer kämpfend hinter einem felsen zum
vorschein kamen.

jendara zögerte und versuchte die situation zu erfassen.

der körper des kelten war bereits mit mehreren blutenden schnittwunden
überzogen, seine bewegungen waren langsam und schwach und konnten den
mächtigen schlägen des highländers kaum noch widerstand bieten. instinktiv
griff jendara nach der trommel an ihrem gürtel und lies den rhytmus der natur
erklingen, um danach die grössten wunden des kelten mit mehreren
heilzaubern wieder zu verschliessen.

der champ schien jetzt die überhand gegen seinen feind zu gewinnen, der
zwischenzeitlich viel seiner vorrigen schnelligkeit und stärke eingebüsst
hatte, aber gewonnen war der kampf noch lange nicht, da die wunden des
highländers merklich durch fremdliche magie ebenso verschwanden.

jendara spürte, dass ihre zauber schwächer wurden und setzte sich kurz auf einen
nahen stein, um nicht vollends kraftlos zu werden. aber kaum dass sie sass,
lies ein verdächtiges geräusch hinter ihr sie sofort wieder herumwirbeln.

aus der dunkelheit kam ein schwerthieb auf sie zu, den sie nur mit mühe mit
ihrem holzschild blocken konnte. die wucht des treffers brachte sie aber aus
dem gleichgewicht und sie stürzte auf ihre knien direkt vor der vollkommen
gepanzerten gestalt.

instinktiv riss sie ihr schild sofort wieder in die höhe in erwartung des
nächsten angriffes, als auch schon der nächste schlag traf. ihr holzschild
zersprang in tausende splitter, die wie heisse funken schmerzhafte stiche
auf ihrem gesicht hinterliessen und das schwert bohrte sich weiter in den
jetzt ungeschützten unterarm.

und da geschah etwas seltsames. die zeit, die bewegungen, die geräusche,
einfach alles um sie herum schien plötzlich unendlich langsam zu werden.
fasziniert verfolgte sie der weiteren bewegung des schwertes, wie es von
ihrem arm abglitt, seinen weg weiter entlang ihrem oberkörper suchte, am
ende kurz verharrte und sich schliesslich in entgegengesetzer richtung
entfernte. sie spürte, wie der schmerz langsam der vom schwert gezeichneten
spur folgte, bis zur unerträglichkeit anschwoll und ihre wahrnehmung für
einen moment verdunkelte.

als sie ihre augen wieder öffnete, blickte sie in ihr eigenes verzerrtes
gesicht. kalt und teilnahmlos wurde es von der glatten oberfläche der
rüstung vor ihr gespiegelt und es erschien, als wolle sich der highländer
mit der angst seiner gegner schmücken.

eine seltsame sprache, die sie nicht verstand, lies ihren blick höher
wandern zu dem prunkvollen helm und dem drohend darüber erhobenen schwert.

sie hatte in diesem moment keine angst. nicht vor weiteren schmerzen und
auch nicht vor schlimmeren. irgend etwas schien ihre gedanken einfach
eingefroren zu haben. wie hypnotisiert starrte sie nur auf das schwert, das
über sie entscheiden würde, bis ein weiterer anfall von schwäche ihren blick
vernebelte.

mühsam verdrängte sie die schleier und die verwischten formen nahmen wieder
gestalt an. deutlich sah sie, wie der highländer erst einmal, dann ein
zweites mal von irgendetwas getroffen nach vorne ruckte und eine
blutverschmierte pfeilspitze, die zwischen helm und rüstung herausragte,
erklärte seine unkontrollierte bewegungen. ein letztes zittern ging durch
die mächtige rüstung und jendara's stummer schrei wurde vom umstürzenden highländer
und seinem schwert begraben.

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hell und dunkel, warm und kalt, schmerz und taubheit. jendara's geist irrte
verloren durch eine sich ständig wechselnde, nicht greifbare dämmerwelt.
erst cryth's ruhige stimme führte sie langsam zurück an die oberfläche und
sie spürte cryth's arme, die sie festhielten und weichen sand auf dem sie lag.

"wir sind da."

jendara war zu schwach etwas zu sagen und ihre augen öffneten sich nur schwer.

"das meer ist ruhig heute. wie die ruhe nach einem sturm."

jendara griff mit ihrer hand nach cryth's weste und zog sich ein stück höher, um
sein gesicht besser sehen zu können. eine angenehme wärme begann dabei
langsam ihre hand hochzukriechen.

"der mond wird uns bald verlassen und mit ihm die kälte der nacht."

sanft streicht jendara über cryths gesicht und haucht "du träumst ja".

ein flüchtiges lächeln huscht über seine züge und steckte sie für einen
moment an, bis sie die blutspur entdeckte, an der stelle, wo ihre hand
gerade noch seine haut berührte. ihr wurde bewusst, wo cryth's unnatürliche
wärme herkam.

"du blutest!!!"

"es ist nicht mein körper der blutet ... es ist mein herz ... es weint, aus
angst dich zu verlieren."

endlos klangen diese worte in ihren gedanken und stumm blieb ihre zunge als
sie wieder in das dunkle reich zurückglitt, dem sie kurz entfliehen durfte.

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die legende erzählt von fischern, die eines morgens am strand von connla zwei
ineinander verschlungende, leblose körper inmitten von blutdurchtränkten sand
fanden. aber es war nicht die farbe des roten sandes, die dem strand
seitdem seinen namen gab, sondern die form ...

strand des herzens, "ginama darase".

René Lanfermann